Analoges Foto mit Effektfilm

Ein Zwischenjahr, ein Jahr bei Jugend am Werk, zwischen Schule und Berufsausbildung. Wahrscheinlich werden die Jugendlichen oft gefragt: Was interessiert dich? Was möchtest du machen?
Ein Projekt mit einem Museum und die Kunstvermittlerin fragt schon wieder: Was interessiert dich? Was willst du fotografieren? Gut gemeint im Sinne der Teilhabe und Mitgestaltung, aber zu wenig in die Lebensrealität der Teilnehmer*innen hineingefühlt.
Wir wissen nicht, was wir fotografieren wollen!
Wir wollen lieber mit dem Handy fotografieren, vielleicht ein Instagram Shooting organisieren, vielleicht teure Autos fotografieren. Die historischen Kameras aus dem Museum bleiben liegen – nicht alle, die Polaroidkamera wollen sie schon ausprobieren!
Wir diskutieren im Museum über „Fake“ und „Truth“ und betrachten die Fotos von Alison Jackson. Dass die dargestellten Personen Doubles sind, ist egal. Wenn die Person auf dem Foto aussieht wie Kim Kardashian, dann ist es auch Kim Kardashian. Fotografie ist nur eine Sicht auf die Welt und hat mit der Wahrheit vielleicht gar nicht so viel zu tun.
Die Gruppe nähert sich dem Begriff „analog“ an. Bei einer schnellen Umfrage wollen die meisten der Gruppe lieber „digital“ fotografieren.
Machst du lieber Fotos von dir selbst oder von anderen?
Das müssen wir besprechen: Wenn ich ein Foto von jemand anderem mache, ist es dann mein Foto oder gehört es der Person, die drauf ist? Wer bestimmt wie das Bild aussieht? Die/der Fotograf*in oder die/der Fotografierte?
Graffiti finden alle interessant, wir einigen uns auf einen Ort: Donaukanal.
Dort wollen wir uns treffen und fotografieren. Die Kunstvermittlerin hat eine große Fototasche dabei, mit analogen Kameras und Filmen. Doch zu Beginn will niemand eine ausprobieren. Nick Mangafas, der das Projekt fotografisch begleitet, bringt sich ein und erzählt vom Beruf des Fotografen früher und heute, mit Film und mit Speicherkarte. Nach einer Stunde gehen die analogen Kameras doch reihum, alle Filme werden verbraucht. Dieser gemeinsame Photowalk wird für lange Zeit das letzte Treffen in einer Gruppe sein. Die Corona-Pandemie wird alltagsbestimmend. Wir können uns nicht mehr sehen. Es ist Lockdown. Alle bleiben zuhause! Die entwickelten und gescannten Filme tauschen wir digital aus.
Geplante Treffen im Museum, aber auch draußen werden immer wieder abgesagt und verschoben. Trotzdem bleiben wir während dieser ganzen Zeit in Kontakt, gründen eine Chat-Gruppe mit den Jugendlichen, schreiben uns ab und zu und tauschen Fotos aus. Im Herbst 2020 werden die Corona-Maßnahmen für einige Wochen gelockert und es ist möglich, mit einer kleinen Gruppe von sechs Teilnehmer*innen einen Photowalk zu organisieren. Diesmal treffen wir uns bei AusblidungsFit STAR und wandern mit den analogen Kameras durch den 16. Bezirk, die Thaliastraße entlang über den Brunnenmarkt zum Yppenplatz. Kann man Passant*innen und fremde Menschen einfach so fotografieren?
Polaroidkamera, Kleinbild- und Mittelformatkameras scheinen schon sehr vertraut, nur zwischendurch wird das Handy gezückt. Wir posieren mit der analogen Kamera im Arm!

Projekt: Meine Welt – Meine Stadt 2019/ 2020
Kooperationspartner: Jugend am Werk AusbildungsFit STAR und Fotomuseum WestLicht
Coach Judith Seiwald, Kunstvermittlerin Eva Mühlbacher